Lehrkräfte des Hessenkollegs aus Wetzlar besuchen das hess. Hinterland und die Firma Reichel K.G.
Das Wetzlarer Kolleg hat als Einzugsgebiet die gesamte Region Mittelhessen. Unter den rund 150 Studierenden kommen nur wenige aus dem nördlich von Wetzlar gelegenen hessischen Hinterland (ehemaliger Kreis Biedenkopf). Auf Einladung von Ex-Kollegiat (LG 32) Michael Reichel (Juniorchef der Firma Reichel KG in Dautphetal-Mornshausen) besuchten acht (z.T. bereits pensionierte) Lehrkräfte der Erwachsenenschule den Altkreis Biedenkopf. In Mittenaar-Bellersdorf, auf der Hälfte der Wegstrecke, stieg Arno Willershäuser – seit einem Jahrzehnt 1. Vorsitzender des Förderkreises Hessenkolleg Wetzlar – zu und ließ es sich nicht nehmen, seinen „alten Paukern“ Attraktionen der nördlichen Peripherie des Lahn-Dillkreises zu zeigen. Dazu gehört die Burgruine Tringenstein und das Naturschwimmbad in Siegbach-Eisemroth, das der 76-Jährige im Sommer regelmäßig zum Erhalt von Fitness und Kondition nutzt. Die wunderbar ruhige, liebevoll gepflegte und von einer Jausen-Station gesäumte Anlage wird ehrenamtlich betreut. Die Instandhaltungskosten (mehrere Zehntausend Euro im Jahr) entsprechen in etwa den Einnahmen durch Eintrittsgelder. Die Besucher kommen zum Teil von weit her. Auf Chlor-Chemie wird bei der Wasser-Reinhaltung komplett verzichtet. Gemäß dem „Wurzelraumverfahren“ wird das Wasser durch Pflanzen im Uferbereich auf natürliche Weise gereinigt. Diese biologische Klärung und Selbstreinigung eines stehenden Gewässers gelingt seit einigen Jahren im Perftalstausee (zwischen Breidenbach und dem Biedenkopfer Stadtteil Breidenstein gelegen) nicht mehr. Ursprünglich als Naherholungsangebot und Badesee konzipiert, erfüllt er heute praktisch nur noch seine Funktion als Hochwasserschutzmaßnahme. Koliforme Keime und eine fortschreitende Verkrautung lassen ein unbedenkliches Baden nicht mehr zu. Weil die zur 674 Meter hohen Sackpfeife führende Straße tags zuvor wieder für den Autoverkehr freigegeben wurde, konnten die Wetzlarer auch die Skipiste und die Sommerrodelbahn auf Biedenkopfs Hausberg in Augenschein nehmen und den steinernen OHGV-Aussichtsturm erklimmen. Nachmittags ließ man im 20 Autominuten entfernten „Café Lounge“ (im Gebäude der ehemaligen Molkerei von Dautphetal-Mornshausen) alte Zeiten Revue passieren und unternahm dann eine Betriebsbesichtigung in dem auf Duschabtrennungen spezialisierten mittelständischen (50 Beschäftigte) Unternehmen. Michael Reichel hatte nach bestandenem Abitur in 2002 zunächst Forstwirtschaft studieren wollen, trat aber dann in den väterlichen Betrieb ein. „Als Selbstständiger ist man ‚selbst‘ – und das ‚ständig‘“, erläuterte der Fabrikant den beamteten Lehrern seinen beruflichen Status. Seine frühere Chemielehrerin Elke Hofmann unterrichtet inzwischen an einer vom Orden der Borromäerinnen geführten Mädchenschule in Kairo, sein damaliges Lieblingsfach Biologie vertritt am Kolleg der aus Biedenkopf-Wallau stammende Klaus Petri. Schulleiterin Verena Hohoff informierte darüber, dass die Schulen für Erwachsene in Hessen seit kurzem für den Deutsch-Spracherwerb von 20-jährigen Flüchtlingen zuständig sind. Arno Willershäuser nutzte die Gelegenheit, auch in der „Hinterländer Diaspora“ für den Förderkreis zu werben. Er selbst hatte als gelernter Bankfachmann mit 57 Jahren am Kolleg noch das Abitur nachgeholt und dann Philosophie und Sport studiert. Zu den 230 Förderkreismitgliedern zählt auch der gebürtige Biedenkopfer Wilhelm Hundsdörfer, der Ende der 60er Jahre auf dem Zweiten Bildungsweg sein Abitur nachmachte und dann eine Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr einschlug. Bis zu seiner Pensionierung war er der hessische Koordinator für Zivilschutzaufgaben. Der mit vielen neuen Eindrücken und Erlebnissen angereicherte „Studien- und Erholungstag“ fand seinen Abschluss mit einer gemeinsamen Einkehr in der Bellersdorfer Speisegaststätte Decker, wo der langjährige Kolleglehrer (mit den Fächern Latein und Geschichte/Politik) Peter Sauer zu einem Umtrunk aus Anlass seines vor kurzem begangenen 80-jährigen Geburtstags einlud.
