Kollegen Winterwanderung 2014

Bericht über die Winterwanderung von Kollegangehörigen am 29. Dezember 2014

An einem schönen Sonnentag „zwischen den Jahren“ fand – in schneebedeckter Landschaft – die traditionelle Winterwanderung von ehemaligen und gegenwärtigen Kolleg-Angehörigen statt. Hervorgegangen ist diese Tradition aus der ursprünglich als „Biologen-Winterwanderung“ bezeichneten Unternehmung. Mit dabei war auch dieses Mal  ex-Chemie- und Bio-Lehrerin Elke Hofmann, die seit einigen Jahren an einer Mädchenschule in Kairo unterrichtet und am Jahresende gerne die Gelegenheit zum Plausch mit Kolleginnen und Kollegen von ihrer alten Wirkungsstätte wahrnimmt. Treffpunkt für die rund 4 km lange Wanderung war der Simberg oberhalb vom Wetzlarer Stadtteil  Naunheim, von wo aus es durch Feld und Wald – vorbei am Wegekreuz bei Blasbach – zur Einkehr im Landhotel „Naunheimer Mühle“ ging. Dort erwarteten die Wanderer bereits mehrere Frischluft-Abstinenzler aus der „Kolleg-Familie“, darunter die ehemaligen Latein-Lehrer Peter Sauer-Lexius (Wetzlar) und Jürgen Sprotte (Erda). Die Verköstigung war hervorragend, aufmerksame Kellner umsorgten die 9er-Gruppe, während der mitgeführte Vierbeiner zu Füßen von „Frauchen“ Irmgard Mende kauerte – und von der schönen Aussicht auf die Lahn, das Wehr und die dahinter liegende ‚Lahninsel‘ nichts mitbekam. Nach dem Verdauungsschnäpschen bzw. Espresso wartete noch ein kulturgeschichtliches ‚Highlight‘ auf die dabei zu Lernenden gewordenen Lehrenden. Im rund 1,5 km entfernt von Naunheim  (Richtung Waldgirmes) gelegenen „Römerforum“ wartete Wilfried Paeschke, langjähriger Schulleiter der Wetzlarer Steinschule und 1. Vorsitzender des Forum-Vereins, auf die Erwachsenenbildner vom Hessenkolleg. In einem engagierten Vortrag (zunächst auf dem Forum-Gelände, später in den Räumen des Vereins, wo Asservate und Miniaturen ausgestellt sind) brachte der 75-jährige Historiker den Ausflüglern die Zeit um Christi Geburt für die römisch-germanische Grenzregion nahe. Die insgesamt nur etwa 20 Jahre währende Existenz des Römerlagers an der Lahn (mutmaßlicher Name: „Matiacum“) endete mit den „Germanenfeldzügen“ (von 12 v. bis 16 n. Christus), als deren Höhepunkt die „Varus-Schlacht“ (9 n. Chr.) gilt. Mit 7,7 ha war das nordwestlich von Waldgirmes gelegene Areal größer als das vor über 100 Jahren von Kaiser Wilhelm rekonstruierte Limes-Kastell Saalburg. Der römische Kaiser Augustus hatte im Jahre 9 vor Christus verfügt, dass die östlich des Rheins gelegenen Gebiete als „Provinz Germanien“ dem Römischen Reich einverleibt seien. Die Landnahme erfolgte durch Erkundungstouren entlang der Flüsse Lahn und Lippe. Während an der Lippe alle 30 Kilometer ein Militärlager zur Abwehr widerspenstiger Germanenstämme errichtet wurde, scheint es nördlich der Wetterau zu einem zeitweilig gelungenen „Multi-Kulti-Projekt“ mit keltischer, germanischer und römischer Beteiligung gekommen zu sein, wie die Zusammensetzung der Keramik-Funde auf dem Ausgrabungsgelände vermuten lässt.  Paeschke zeigte einen ARTE-Doku-Film über die (größtenteils von kasachischen Arbeitskräften vorgenommenen) mehrjährigen Ausgrabungsarbeiten. Zur Sensation gerieten die Recherchen an einem Brunnenschacht, als der berühmte und mit 3,5 Millionen Euro wertgeschätzte Pferdekopf einer Augustus-Reiterstatue aus vergoldeter Bronze am Grund des mit Brettern ausgekleideten Brunnens gefunden wurde: „Wir haben 27 kg Fragmente von wahrscheinlich mehreren Reiterstatuen gefunden, darunter auch einen Reiterfuß. Im Brunnen waren auch 8 neuwertige Mühlsteine eingelassen, was dafür spricht, dass die mit Gräben und einer Umwehrung aus Palisaden umgebene Siedlung 17 nach Christus unter äußerem Druck aufgegeben werden musste. Eine Asche-Schicht auf dem Areal werten wir als Indiz, dass das Lager von den mutmaßlich rund 400 Bewohnern in Brand gesetzt wurde. Mit Hilfe einer im Grundwasser konservierten Holzleiter konnten wir exakte Datierungen vornehmen“, erfuhren die Kolleg-Leute vom Vereinsvorsitzenden. Der Pferdekopf ist inzwischen komplett restauriert, wird aber der Öffentlichkeit vorerst nicht gezeigt, weil ein Rechtsstreit zwischen dem Land Hessen und einem ortansässigen Landwirt noch anhängig ist.  Die in den letzten Jahren asservierten Fundstücke – darunter eine Perle mit eingravierten Motiven, die Reste eines Holzschwertes,  mehrere Amphoren und eine metallene Pfeilspitze, werden derzeit in der Geschäftsstelle des Fördervereins Römisches Forum in der Waldgirmeser Georg Ohmstraße gezeigt, ebenso Miniaturen und zeichnerische Rekonstruktionen zum Römerlager. Im kommenden Jahr soll am Ortsrand neben dem Forumgelände ein Ausstellungspavillon errichtet werden.