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Abitur 2006 – LG36

„Es ist nicht selbstverständlich, dass Erwachsene ihren Beruf aufgeben, um erneut für 3 Jahre die Schulbank zu drücken. Sie können zu Recht stolz auf Ihre Leistung sein!“ Solcherart Belobigung erfuhren 38 frischgebackene Abiturientinnen und Abiturienten des Wetzlarer Hessenkollegs von ihrer Schulleiterin Christel-Streubel-Piepkorn. Bei der Zeugnisausgabe wurde für den Lehrgang 36 Bilanz gezogen: „Von ursprünglich 100 Lehrgangsangehörigen gingen 24 mit der Fachhochschulreife ab, 38 wurde die Allgemeine Hochschulreife zuerkannt, die Übrigen brachen ab bzw. gingen wieder in ihre alten Berufe zurück.“ Die gegenüber früheren Perioden der Kolleggeschichte – die staatliche Bildungseinrichtung zum Nachholen höherer Bildungs-abschlüsse gibt es seit 43 Jahren – auffallend hohe Zahl an Absolventen mit Fachhochschulreife führt die Kolleg-Chefin auf Veränderungen in der Hochschullandschaft zurück: „Für Bachelor-Studiengänge reicht in der Regel die FH-Reife aus.“ Als „Die Gorreichen 7“ wurden all jene gewürdigt, deren Abi-Durchschnittsnote eine 1 vor dem Komma hat: Mit 1,2 erreichte der 22-jährige gelernte Fräser Jonas Gliß aus Breitscheid das beste Ergebnis, mit 1,4 gefolgt von der 29-jährigen ehemaligen Erzieherin Fabienne Theiss aus Niederscheld und der 24 Jahre alten Buchhändlerin Claudia Richter (1,6). Mit 1,7 und 1,8 erzielten David Quiring (Albshausen) und Tobias Jung (Bayreuth) bemerkenswerte Ergebnisse. Bei einem Schnitt von 1,9 landeten Wibke Prange und Sabrina Schäfer. Die Durchschnittsnote des gesamten Lehrgangs fiel mit 2,7 etwas schlechter aus als im vergangenen Jahr. Als einzige Lehrgangsteilnehmerin mit Hauptschul-abschluss freute sich die gelernte Fremdsprachensekretärin Julia Kreuer aus Marburg über das auf dem Zweiten Bildungsweg erreichte Abitur. Für die aus Gießen stammende Einzelhandelskauf-frau Melanie Kawecki hat es sich am Ende gelohnt, dass sie die Doppelbelastung als allein-erziehende Mutter und erwachsene Schülerin auf sich genommen hat. Für die 18-köpfige Lehrerschaft sprach Gerd-Rainer Michalek Glückwünsche zum bestandenen Abitur aus. Zugleich bedauerte er, dass ab nächstem Jahr in Hessen Studiengebühren erhoben werden: „Das ist gegenüber den Studienbedingungen meiner Generation eine deutliche Verschlechterung. Es freut mich, dass sich die Betroffenen dagegen zur Wehr setzen.“ Zusätzlich zu den traditionellen vier Abiturprüfungsfächern (drei schriftlich, eins mündlich) hatten in diesem Jahr alle Prüflinge eine sogenannte „Präsentationsprüfung“ (also: Medien-gestützte Vorträge) zu absolvieren. Gemeinsam mit Lehrern, Eltern, Geschwistern und Freunden feierten die Abiturienten ihren Erfolg im Saal des Bürgerhauses von Lahnau-Atzbach. Dort in Cowboy-Kluft auf der Bühne stehend, hielt Abiturient Dominic Harapat eine launige Rede, die von „supercoolem“ Zeitgeist durchdrungen war und mit Aphorismen von Heinz Erhardt („Wenn ich einmal traurig bin, dann trinke ich ein’ Korn“) ebenso gespickt wie mit dem notorischen Halbzeit-Spruch eines Westerwälder Fußballtrainers („Die Woscht is über’m Zaun“). Sportlehrerin Kerstin Fricke hatte eine Yoga-Gymnastik für die Bühne choreografiert und Arno Willershäuser, Vorsitzender des Förderkreises Hessenkolleg, verband seine Glückwünsche mit der Offerte einer Mitgliedschaft im Förderkreis: „Wartet nicht darauf, bis der Staat sich kümmert. Kümmert euch selbst um eure Angelegenheiten und die eurer Mitmenschen.“