Fest der Kulturen

Bericht vom interkulturellen Sommerfest und dem Erasmus plus Projekt am Hessenkolleg Wetzlar

Wenn Schulen aus mehreren europäischen Ländern über einen längeren Zeitraum hinweg themenbezogen miteinander kooperieren, tragen solche Austausch- und Besuchsprogramme die Namen bedeutender Pädagogen und Philosophen, wie Erasmus (von Rotterdam; 1465-1536) oder (Johann Amos) Comenius (1592-1670). Das Wetzlarer Hessenkolleg hat in den vergangenen beiden Jahren mit 5 Schulen und Bildungsinitiativen aus Griechenland, Italien, Spanien und der Türkei unter dem Titel „New Approaches for New Lives“ unter der Fragestellung zusammengearbeitet, wie die Integration von Flüchtlingen in das Sozialgefüge des Gastlandes am besten gelingt. Im Rahmen eines „Festes der Kulturen“ wurden jetzt die ersten Resultate des Partnerschaftsprojektes präsentiert. „Unser Herz hängt daran, dass es Ihnen hier gut geht“, wandte sich Kollegchefin Verena Hohoff an die 20-jährigen Migrantinnen und Migranten, die in zwei „DaZ“ (= Deutsch als Zweitsprache)-Klassen gegenwärtig am Kolleg unterrichtet werden. 34 Flüchtlinge hatten vor den Sommerferien den erfolgreichen Spracherwerb bescheinigt bekommen. Nicht wenige davon haben inzwischen Praktikumsplätze oder Ausbildungs- und Arbeitsstellen im Lahn-Dill-Gebiet bekommen. Kolleglehrerin Stephanie Behrendt unterstrich bei der Vorstellung des Erasmus plus-Projektes, wie wichtig Alltagskommunikation und die Begegnung mit Gleichaltrigen für eine erfolgreiche Integration sind: „In den Projektwochen, bei Schulausflügen, bei Sport und Spiel wie jüngst beim Gießener Drachenbootrennen entsteht Teamgeist, wird Hilfe erbeten und geleistet, lernt man sich von Mensch zu Mensch kennen und schätzen“. In der nächsten Zeit soll die Idee von ‚Patenschaften‘ Gestalt annehmen, wo gleichaltrige deutsche Kollegangehörige mit Flüchtlingen „Tandems“ bilden. Im Rahmen der Erasmus-Aktivitäten wurden drei Fragebögen entwickelt und ausgewertet, wo Lehrkräfte, die von Ihnen unterrichteten Flüchtlinge wie auch deren Familienangehörige Befindlichkeiten, Erfahrungen, Wünsche und Ängste im Integrationsprozess zu Protokoll gaben. Ein interessantes Ergebnis der Studie lautet: In Deutschland fühlen sich die Lehrkräfte von der Gesellschaft und den Dienstvorgesetzten in ihrem pädagogischen Bemühen unterstützt, während nicht wenige der jungen Flüchtlinge von Zukunftsängsten und Alltagsschwierigkeiten geplagt werden. Die Befragungsergebnisse bei den türkischen und südeuropäischen  Kooperationspartnern waren tendenziell gegenläufig. Gemeinsame Treffen fanden in der türkischen Stadt Aydin (nahe Ephesus) und in Wetzlar statt. Neben Lehrkräften waren immer auch Studierende der Wetzlarer Erwachsenenschule an den Aktivitäten beteiligt. Über zwei Jahre gab es am Kolleg einen ‚Refugees welcome‘-Arbeitskreis, der auf ehrenamtlicher Basis Sprachförderung und Integrationshilfen angeboten hat. Die Erasmus-Kooperation ist noch nicht beendet. Die Beratung von jungen Flüchtlingen über eine gemeinsam konzipierte Website und die regionale Vernetzung von bereits in der Gesellschaft „angekommenen“ Migranten mit Neuzugängen steht jetzt oben auf der Agenda.

Michael Schott überbrachte als Geschäftsführer des Wetzlarer Ausländerbeirates die Grüße des 17-köpfigen „Quasi-Parlaments“ der etwa 8000 Stadtbürger ohne deutschen Pass und erläuterte die Geschichte und die Aktivitäten dieses Gremiums. Als weiteren Gast hatte Schulleiterin Hohoff Ingrid Knell begrüßt, Vorsitzende des vor zwei Jahren ins Leben gerufenen „Interkulturellen Rates“, dem Parteienvertreter und sachkundige Bürger angehören. Nach der Projekt-Präsentation traf sich die Schulgemeinde mit ihren Gästen bei bestem Spätsommerwetter vor dem Spilburggebäude B2 (bis Oktober noch das Ausweichquartier für das über 1 Jahr hinweg grundsanierte Kolleg-Gebäude in der Brühlsbachstraße 15) zum Sommerfest. Die Angebote an Salaten, Gebäck und Süßspeisen unterstrichen den „internationalen Charakter“ des Kollegs. Als die letzten Tische und Stühle wieder ins Gebäude hineingebracht wurden, war bereits Dunkelheit angebrochen.